IT Firmen und die reale Welt

Ich bin nun seit fast 30 Jahren in der Informatik in unterschiedlichen Rollen tätig. Den grossen Teil meiner Zeit habe ich dabei in Informatikunternehmen verbracht. Aber ich hatte auch die Gelegenheit auf der Kundenseite Informatikverantwortung zu tragen. Und dadurch konnte ich mit zwei ganz unterschiedlichen Blickwinkeln die Thematik betrachten und das Benutzerverhalten verstehen lernen.

Dabei sieht man in Informatikunternehmen immer wieder die gleichen Fehler. Man nimmt die Umgebung eines Informatikunternehmen als reale Welt wahr, und vergisst, dass bei Anwendern alles ein wenig anders ist.

Was ist dann in der realen Welt anders?

Einerseits der Fokus, das heisst nicht die Informatik als Selbstzweck, sondern der Nutzen der Informatikmittel stehen im Vordergrund.

Andererseits, auch die Lizenzen, Rechte und Strukturen. In der realen Welt haben die Mitarbeitenden nur Anwenderrechte, und nur die Lizenzen, die wirklich notwendig sind. Zudem wir mit realen Daten gearbeitet, was vor allem im Mengengerüst anders aussieht als die Testdaten.

Ich erinnere mich noch gut an meine Zeit als technischer Leiter eines Unternehmens, das eine ERP Applikation entwickelt hat. Alle Benutzer hatten lokal und auf den Servern volle Administratoren Rechte und zudem auch in der Applikation Zugang zu allen Daten. Zudem hat man zu Testzwecken immer mit einer überschaubaren Menge an Testdaten gearbeitet. Selbst die Testabteilung hat kein reales Businessumfeld simuliert.

Somit erlebten wir und vor allem unserer Entwickler, dass wir viel Probleme und Störungen erst bei den Kundeninstallationen auftraten, da dort dann eben granulare Berechtigungen vorhanden waren und auch die Datenmengen eben real waren.

Somit, was für eine Lehre ziehen wir auch dieser Erfahrung? Eigentlich ist es ganz einfach, man muss auch in einer Informatikfirma ein Abbild der realen Welt haben, um das eigene Angebot so vorzubereiten, dass es passt. Zudem kann man nur in einer «Real World Umgebung» die gleichen Erfahrungen machen wie der Kunde.

Kundenorientierung ist eben auch, gleich arbeiten wir Kunden. Nur so verstehen die Mitarbeitenden bis in die Testabteilung und die Hotline, wie der Kunde arbeitet.