Mein letztes Fussballspiel

Es kam auf eine eigenartige Weise zu diesem Fussballspiel. Ich hatte die Firma in einem Vorort von Stuttgart in einer tiefen Krise übernommen. Von 300 der 800 Mitarbeiter mussten wir uns trennen. Kein Wunder, dass grosses Misstrauen herrschte. Gespräche mit den Mitarbeitern waren kaum mehr möglich.

Da kamen wir auf die Idee, die Spannungen mit einem Fussballmatch zwischen den Kadermitarbeitern und der übrigen Belegschaft etwas abzubauen. Zuerst glaubte keiner, dass Direktoren und Prokuristen sich auf einem besseren Acker der Belegschaftsmannschaft stellen würden. An einem Samstagnachmittag fand das Spiel statt. Und unsere Mannschaft gewann 2:1. Mehr als die halbe Belegschaft war als
Zuschauer anwesend. Und die Atmosphäre auf dem Platz war freundschaftlich fair. Wir spielten übrigens ein 5 – 3 – 2, damals normal. Nach dem Spiel die grosse Frage: Was nun? Spontan kam die Idee auf: Nun machen wir einen Betriebsabend. Im Nu war ein Saal organisiert. Ein Mitarbeiter war Mitglied einer Kapelle und die wurde im Eilverfahren zusammengetrommelt. Es fiel kein gehässiges Wort – aber es wurde ernsthaft diskutiert über alle Hierarchie-Barrieren hinweg. Von diesem Tag an war die Firma wie verwandelt – man zog am gleichen Strick und hatte am Schluss auch Erfolg. Einziger Nachteil: Als ich am andern Tag in Aarau aus dem Zug steigen wollte musste man mich fast hinaustragen: Muskelkater.

Sielmingen, heute Filderstadt bei Stuttgart 1969

Erinnerungen von Werner Lerch Sen. (1928-2017)

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